Unschuldige bei der Eroberung von Florenz
Amerikaner in der Toskana zwischen Sezessionskrieg und 1. Weltkrieg
Mark Twain in Innocents abroad nannte diejenigen, die auf der Suche nach Licht, Natur und dem Charakteristischen, am Arnoufer landeten, aber (fast) immer den Weg in die Heimat zurück fanden, die neuen Pilger.
Die Geburt des Mythos von Florenz, erzählt wie ein großer Roman des 19. Jahrhunderts, der zwischen feinen Spitzen und durchsonnten Gärten, einige grundlegende Episoden der Kunst und der Kultur des Viktorianischen Jahrhunderts festhält und bekannt macht.
Sind auch Florenz und die Florentiner Hügel der Hintergrund, so beginnt die Ausstellung mit einer Prozession von Persönlichkeiten, in Portraits und Selbstportraits, die in Florenz Etappe gemacht haben, kulturelle Zirkel gründeten oder einfach eine Saison in der Stadt verbrachten: Sargent, Merrit Chase, Duvenek und viele andere ziehen an unseren Augen vorüber; in großer Geste, voller Unruhe, akademisch, aber unverwechselbar modern, vielleicht auch nur dank ihrer Herkunft aus einer jungen Nation, die einem Bürgerkrieg hinter sich hatte, und nun in die Welt trat, mit dem Willen, auch dabei zu sein.
Für viele ist der Kontakt mit der Geschichte von Florenz und dem Licht des Landes ein wesentlicher Ansporn – bedeutender als der Impressionismus – ihre Farbpalette aufzuhellen und sich in eine Landschaft zu vertiefen, die von der Geschichte und dem Menschen gestaltet worden ist und in der Natur, Kunst und Traum in Vollendung verschmelzen können. Das Leben in der Villa, die Stunden im Garten, in dem Begriff idle hours zum Mythos erhoben, werden von Gemälden verklärt, in denen sich schwerelose Frauen in weißen Kleidern bewegen und in denen Orangerien, vom Moos bedrängte Skulpturen und die Silbertöne der Oliven immer wieder kehren.
Die Feier dieser Riten hat ihre Charaktere: Dandies und Schauspielerinnen, Damen der guten Gesellschaft und Künstler in modernen, unkonventionellen, manchmal arroganten Posen, die der Fotografie viel verdanken, Protagonisten einer Epoche, in welcher der Reise noch ein Hauch von Entdeckung anhaftete, besonders wenn mit dem Fahrrad oder – voll Pioniergeist – mit dem Automobil bestritten. In der Suche nach dem Charakteristischen und Malerischen, vermählen sich üppige Blumenrabatten mit maremmanischen Büffeln und der Erbschaft der Renaissance-Kunst, fast unmerklich jedoch durchzogen von einer leichten Unruhe, Signal eines Verlustes von Unschuld, den die Reise nach Europa für viele auch bedeutete, wie die oft tragischen Schicksalen der Heldinnen von Henry James lehren.
Das Portrait ist auch das Bildthema, in dem sich das dringende Bedürfnis eine neue künstlerische Sprache zu entwickeln, in seiner ganzen Bedeutung ermessen lässt, einer Sprache, in der Lage, den Geist der neuen amerikanischen Nation auszudrücken: in Ganzfiguren oder in Innenräumen mit Figuren, werden die Portraits zu den bevorzugten Themen und die Frauen – Töchter, Ehefrauen, Schwestern – sind dabei in gleicher Weise Gegenstände und Schöpfer von Bildern, die die Werte von Reinheit, Optimismus und Freiheit erhöhen und bezeichnen, Werte, auf denen aufbauend, Amerika seine Zukunft zu gestalten gedachte.
Silvia Bonacini
Americani a Firenze. Sargent e gli impressionisti del nuovo mondo
Firenze, Palazzo Strozzi, Piazza Strozzi
3 marzo – 15 luglio 2012
Tutti i giorni 9.00-20.00; giovedì 9.00-23.00
www.palazzostrozzi.org