A wie ASSING
LUDMILLA ASSING
Nicht für alle deutschen Florenzbesucher ist Kunst, Kultur, Geschichte der Grund ihres Aufenthaltes oder gar ihrer Ansiedlung gewesen: besonders in der Nachfolge der revolutionären Bewegungen, die Europa im Laufe des 19. Jahrhunderts erschütterten, erreichten von ganz anderen Idealen, Interessen und Schwierigkeiten geprägte Persönlichkeiten Italien und nahmen oftmals regen Anteil an Italiens Kampf um seine Unabhängigkeit und seine politische Definition: Dissidenten aus den verschiedensten Ländern Europas.
1862 ließ sich die Schriftstellerin und Publizistin Ludmilla Assing in Florenz nieder. Aus einem liberalen, geistig lebendigen Hamburger Elternhaus stammend – Vater: der jüdische Arzt David Assing, Mutter: die Dichterin Rosa Maria Varnhagen – kam sie früh in Verbindung mit bedeutenden Figuren des Vormärz, wie Heinrich Heine oder Gutzkow und publizierte im Revolutionsjahr 1848 ihre ersten politisch engagierten Zeitungsartikel.
Die ungekürzte Veröffentlichung der besonders für den Berliner Hof brisanten Tagebücher ihres Onkels Karl August Varnhagen von Ense, brachte sie in Konflikt mit der preußischen Justiz und führte zu ihrer Verurteilung. Durch die Übersiedlung nach Florenz konnte sich Assing, die finanziell unabhängig war, der zweijährigen Haftstrafe entziehen.
Von Italien aus, führte sie ihre herausgeberischen Arbeiten weiter, veröffentlichte in deutschen Zeitungen Artikel zur politische Situation des Landes und arbeitete an ihren großen, biographischen Projekten. Sie vertiefte ihre Kontakte zu bedeutenden Figuren des republikanischen Flügels des ‚Risorgimento’, im Besonderen zu Mazzini, mit dem sie in enger Freundschaft verbunden war und dessen Schriften sie in Deutschland bekannt machte. Daneben arbeitete sie auch mit italienischen Verlagshäusern und publizierte in Italien Biographien und Schriften, in denen sie sich mit der Rolle der Frau auseinandersetzte. Auch nach der Aufhebung ihrer Haftstrafe kehrte sie nicht mehr nach Deutschland zurück. Ihr Florentiner Salon mit seinem ausgesprochen internationalem Zuschnitt, stellte in den Jahren als Florenz italienische Hauptstadt war, aber auch darüber hinaus, einen der wichtigsten Treffpunkte der politischen Linken dar und zählte zu seinen Besuchern Persönlichkeiten wie Bakunin oder Alexander Herzen.
Florenz wurde für Ludmilla Assing aus einem Exil zur Wahlheimat. In der Vergangenheit der Stadt war es die, von einer außerordentlichen Kulturblüte begleitete, republikanische Geschichte, mit der sie sich identifizieren konnte und in der sie einen wichtigen Bezugspunkt für die fortschrittlichsten, politischen Bestrebungen des modernen Italiens erkannte.
Von besonderer persönlicher Bedeutung für Assing ihre Beziehungen zu dem toskanischen Risorgimento-Kämpfer Piero Cironi, dem sie nach dessen frühen Tod, eine in deutsch, wie italienisch veröffentlichte Biographie widmete und dem Journalisten Andrea Giannelli, mit dem sie einen früh verstorbenen Sohn hatte. Ludmilla Assing ging darüber hinaus auch eine kurzlebige Ehe mit dem bedeutend jüngeren Offizier Cino Grimelli ein, was in Deutschland zu einem Zeitungsskandal führte.
Assing starb am 25.3.1880 und wurde auf dem ‚Cimitero degli Allori’ beigesetzt, wo eine Büste von Cesare Sighinolfi ihr Grab markiert.
Ihre Bibliothek und ihr hochbedeutendes Archiv, in dem auch die schriftlichen Nachlässe von Rahel und August Varnhagen aufgegangen waren, hinterließ sie der Königlichen Bibliothek in Berlin. An Florenz und die Förderung der allgemeinen Bildung dachte sie mit der testamentarischen Stiftung der ‚Scuola Ludmilla Assing’, deren Unterricht den „Geist der wahren Demokratie“ vermitteln sollte und zu deren Fächern der Deutschunterricht gehörte. Als Handelsschule existierte die Stiftung noch bis ca. 1936 und hatte ihren Sitz in dem von Ludmilla Assing selbst errichteten Wohnhaus in der Via Alemanni 27.