Auf den Spuren von Filippo Brunelleschi
Das große Genie der Frührenaissance, nach Vasari “vom Himmel gesandt, um der Architektur eine neue Gestalt zu geben”, ist genauer betrachtet, auf Umwegen zu seiner Bestimmung gekommen. Ausgebildet als Goldschmied und anfänglich als Bildhauer tätig, hat Brunelleschi uns als solcher das großartige Kruzifix von Santa Maria Novella und seinen Beitrag zum Wettbewerb für die zweite Baptisteriumstür, das Relief mit dem Isaaksopfer im Bargello hinterlassen.
Mag es der Wille gewesen sein, mit Neuem hervorzutreten, das wachsende Interesse für Mathematik und Perspektive, Brunelleschi hat in der Folge, in entscheidendem Masse zur architektonischen Neugestaltung von Florenz beigetragen. Beginnend mit der Kuppel des Domes, die Brunelleschi spätestens ab 1418 beschäftigte, besuchen wir das Dommuseum, um einige Entwurfs-Modelle zu begutachten und eine Rekonstruktion der Baustelle mit Beispielen des angewandten Instrumentariums.
Unser Spaziergang kann uns dann, die Via de’ Servi hoch, zum Findelhaus führen, einer Einrichtung, die dazu bestimmt war, ausgesetzte Kinder aufzunehmen und für die Brunelleschi eine Architektur von großer Rationalität geschaffen hat. Weiter geht unser Weg zur Kirche San Lorenzo, die zwar von Brunelleschi entworfen worden ist, aber wie viele seiner Projekte, erst posthum zum Abschluss gekommen ist. Der Raum, in dem die Ideen Brunelleschis ihre klarste Ausformung erfahren haben, ist ohne Zweifel die Alte Sakristei.
Auf dem Wege nach Oltrarno, auf die andere Arnoseite, machen wir einen Zwischenhalt am Palazzo della Parte Guelfa, wo Brunelleschi für die Architektur des großen Ratssaales verantwortlich gemacht wird. Den Arno überquert, erreichen wir die Kirche Santo Spirito, die von Brunellschi ursprünglich zum Fluss hin gewendet, geplant war.
Das ist allerdings ebenso wenig zur Ausführung gekommen, wie die Idee, den Kreuzgrundriss der Kirche bruchlos von halbrunden Familienkapellen begleiten zu lassen, die im Außenbau als kontinuierliche, wellenförmige Linie hervortreten sollten. Trotz aller Veränderungen und Abweichungen (es scheint, dass es zwischen zwei seiner Schüler sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen ist) bleibt Santo Spirito das Vermächtnis Brunelleschis.
Um unseren Rundgang auf den Spuren des Meisters abzuschließen, erreichen wir die Kirche Santa Croce, wo nach einem Projekt von Brunelleschi die Kapelle der Familie Pazzi (Cappella de’ Pazzi) errichtet worden ist, beispielhaft in ihrer Wiederaneignung von antiken Modellen in modernem Geist.
Es überrascht nicht, dass die starke Persönlichkeit Brunelleschis, Gegenstand von Anekdoten und Legenden geworden ist, wie etwa dem berühmten Scherz zu Schaden des dicken Holzschnitzers, den er glauben machte, eine andere Person zu sein, so dass dieser am Ende gar die Stadt fluchtartig verließ.
Auch der Beitrag Brunelleschis zur toskanischen Küche ist legendär: mit dem Bau der Kuppel wird in der Tat gerne das Rezept des peposo verbunden, des ‚Pfeffertopfes’, der an den Eingängen zu den Öfen, in denen die Ziegeln für die Kuppel gebrannt wurden, beim Abkühlen mitgekocht wurde und für den man billiges Muskelfleisch, Wein und reichlich Pfeffer verwendete. Der peposo ist ein Rezept, das typisch für Impruneta ist, die Stadt der Terrakotta, aber auch in Florenz ist – besonders in der kühleren Jahreszeit – ein guter peposo, zwischen der einen und der anderen Besichtigung, nicht zu verachten.
Perspektive: http://universal_lexikon.deacademic.com/322129/Zentralperspektive%3A_Raum_und_Tiefe
Biografie Brunelleschis aus den ‚Viten’ von Giogio Vasari: http://archive.org/stream/lebensbeschreib00vasa#page/96/mode/2up
Artikel aus der ‚Neuen Züricher Zeitung’ (18.1.2003), der den Schwank des dicken Holzschnitzers zum Ausgangspukt nimmt, um die Frage der ‚sozialen Identität’ in der Renaissance und darüber hinaus zu befragen: http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/article8J5QW-1.200378