Die Demidov – eine Dynastie russischer Magnaten und Philanthropen
Unter den vielen Ausländern, die im Laufe der Jahrhunderte in Florenz gelebt haben, kommt den Demidov unfraglich ein besonderer Stellenwert zu. Nicht zuletzt sind sie die einzigen, die einen nach ihnen benannten Platz, in Oltrarno, sowie eine nach ihnen benannte Straße, im modernen Stadtteil Novoli, aufweisen können. Doch damit nicht genug: die Demidov sind auch unter den europäischen Adelsfamilien, die Florenz zu ihrer Wahlheimat gewählt hatten, die einzige, die eines ihrer Familienmitglieder, Nikolaj Nikitic, durch ein imposantes Denkmal von außerordentlicher Qualität, im Zentrum des ihnen gewidmeten Platzes, verewigt sehen konnten.
Warum soviel Ehre ? Da mag die Inschrift auf dem Sockel des Denkmals helfen: „Auf dass das Volk von San Niccolò von nun an auch lebendige Erinnerung an den Komtur Niccolò Demidov, den unermüdlichen und großzügigen Wohltäter, vor Augen habe, schenkte der Sohn Prinz Anatolio im Jahr 1870 dieses Denkmal der Stadt Florenz.“ Das Denkmal war vom Sohn, Anatolij Demidov, beim Bildhauer Lorenzo Bartolini in Auftrag gegeben worden und ursprünglich als Memorialplastik für den Park der Familien-Villa gedacht.
Als die Skulptur 1870 als Geschenk der Stadt Florenz vermacht wurde, war für die Wahl des Aufstellungsortes nicht nur entscheidend, dass Nikolaj Nikitic für etliche Jahre im am Platz liegenden Palast des Fürsten Serristori gelebt hatte, sondern im Besonderen dass er in eben diesem Viertel als großzügiger Philanthrop hervorgetreten war. Nikolaj hatte sich für die Verbesserung der Bedingungen unter denen weite Teile der Bevölkerung lebten, eingesetzt. Auf ihn ging die Gründung eines Kindergartens zurück und einer schulgeldfreien Schule, in der die Kinder unter anderem eine Einweisung in Zeichnung, Weberei, Seidenverarbeitung, Schuhmacherei und Druckerei erhielten. Er hatte auch die Stelle eines Arztes ausgeschrieben, der, von ihm bezahlt, im Viertel ansässig war und zu jeder Uhrzeit erreichbar sein musste und zu dessen Aufgaben es gehörte, Hausbesuche bei den mittellosen Kranken durchzuführen, sie zu behandeln und notfalls auch zu operieren. Zu den Aufgaben des Arztes gehörte es weiterhin, regelmäßige Schuluntersuchungen durchzuführen.
Anatolij hatte die wohltätigen Projekte seines Vaters weitergeführt, sorgte nicht nur für die Finanzierung der Schule und des Arztes, sondern hatte auch eine Apotheke einrichten lassen, in der Medikamente an die Mittellosen verteilt wurden.
Wer heute durch die Via del Giardino Serristori geht, findet bei der Hausnummer 5 den Eingang zur „Residenza Sanitaria Assistenziale Demidov“. Dort, wo sich mal die Schule für die Kinder aus armen Familie befunden hat und wo dann über lange Zeit eine kommunale Grundschule untergebracht war, trifft man heute auf eine Seniorenresidenz, eine Frauenbildungseinrichtung sowie eine Jugend- und eine Senioren-Tagesstätte. Längs der Via San Niccolò an der Hausnummer 30, sieht man über dem, was einst der Haupteingang zur Schule war, ein schönes gusseisernes Wappen mit dem Motto der Demidov: „Acta non Verba“. Das Motto einer Familie, die dauernde Zeichen hinterlassen wollte, einem Wunsch, dem man in Florenz, eingedenk ihrer Verdienste, mit einem Platz und einem Denkmal nachgekommen ist